Sie kennen sicher den Spruch:
Segeln ist, unter der Dusche stehen und Tausendmarkscheine zu zerreißen.
Wir sollten Schluss machen mit dem teuren Spaß. Zurück zum kleinen Boot
hieß unsere Devise. Ich schwärmte meiner Frau vor, was wir mit einem
Daysailer alles machen könnten: Einfach hinters Auto hängen und in den
Süden gondeln, oder nach Norwegen trailern und, und und........
Wir taten daher etwas, was man vielleicht immer tun sollte, wenn man
nicht sicher weiß, ob das ausgewählte Boot das richtige ist: Wir
charterten für einen zehntägigen Segeltörn auf der Elbe einen Daysailer
vom Typ SPRINTA DS.
Mir war das Boot schon auf der Bootsausstellung aufgefallen, denn
die Linien sind rassig, und der Aufbau passt gut zum Rumpf. Von allen
Dehlerschen SPRINTA-Typen mag ich die DS-Ausführung jedenfalls am liebsten
leiden.
D steht für Daysailer und S für Sonderausstattung. Warum man so etwas
einen "Tagessegler" nennt - immerhin gibt es in der Kajüte zwei breite
Kojen und im Vorschiff zwei hochklappbare Rohrkojen, dazu eine richtige
Pantry mit zweiflammigem Kocher, Spüle, Wassertank und Geschirrschublade
-, dämmerte uns erst, als wir mit Bergen von Proviant, Schlafsäcken,
Kanistern, Klampfe und Kleidersack auf der Pier standen und ängstlich auf
das Bötchen blickten, das die ganze Ausrüstung schlucken sollte. Aber das
Wunder geschah: Im Bauch der SPRINTA und unter den Kojen ist mehr Platz
als gedacht, und was nicht unter die Duchten oder in den
Schwalbennestern verschwand, wanderte in das große Schap unter dem
Cockpit. Drei Kojenstauräume reichten für alle Lebensmittel und Getränke
aus.
Jeder hatte eine persönliche
Kleidertasche aus Segeltuch, die bequem hinter den Cockpitduchten Platz
fanden. Dass die Backskisten keinen Zugang durch Plichtluks haben, störte
uns weniger, da Fender und Tauwerk in einer weiteren Luke achtern auf dem
Plichtboden verstaut werden können.
Dann ist es endlich soweit. Die letzte Dose hat ihren Platz gefunden,
und ein großer Schluck Sherry besiegelt ein Manöver, das uns unmöglich
erschien. Das Abenteuer kann beginnen. Damit der Start nicht gar so schwer
fällt, hat Petrus uns echtes Daysailer-Wetter beschert: wolkenloser Himmel
und eine leichte Brise aus Nordost. Wir segeln mit der Abendtide die Elbe
hinunter und genießen die Ruhe. Die SPRINTA steuert sich wie eine Jolle
und läuft eine überraschende Höhe. So macht Segeln Spaß. Manche großen
Yacht zeigen wir das Heck. Dann kommt der erste Hafen und die erste
Nacht. Zu Dritt wursteln wir uns durch die Kajüte.
"Setz mal bitte Teewasser auf", sagte mein Frau. Ja, wo war noch mal
der Teekessel? Unter der Backbord-Koje? Nein, unterm Cockpit. Davor steht
schon der Campingtisch (der richtige Tisch der aus der Pantry-Abdeckung
und einem einschraubbaren Tischbein fabriziert wird, fehlt leider.) "Bau
mal eben ab", sagte ich zu meiner Tochter.
"Muss das sein"? Stell ihn doch nach draußen!"
"Es muss sein, er geht nicht durch den Niedergang!"
Schließlich finde ich den Kessel, entdecke - mehr zufällig - den
Trichter, mit dem ich den Spiritus in den Kocher fülle, kriege das Dingen
nach zweimaligem vergeblichen versuchen, bei denen ich mir die Finger
verbrenne, weil man mit dem Streichholz nicht in die Vorheizpfanne langen
kann, in Gang und zapfe Frischwasser mit akrobatischer Verrenkung aus der
kleinen Handpumpe. Geschafft. Wir sitzen erwartungsvoll am wieder
aufgestellten Tisch, da fällt die verhängnisvolle Frage: "Wer weiß, wo wir
die Butter gelassen haben?" Drei Stauräume unter den Kojen stehen zur
Wahl. Wir bauen den Campingtisch zum zweiten mal ab, erheben uns von den
Polstern, klappen sie hoch und kramen in den randvoll gefüllten Schaps.
Die Butter wird gefunden, die Dose mit Fisch auch, die Brause für die
Tochter und das hartgekochte Ei vom Vortag. Wir klappen die Polster wieder
runter, stellen den Tisch auf und fangen endlich mit dem Abendbrot an. Der
Tee wird eingefüllt.
"Ich bin sicher, dass wir auch Zucker hatten", weiß meine Frau, "wer
weiß wo . . ."
Ich weiß nicht, wie oft dieses "wer weiß, wo" noch erklang. Nach
zwei Tagen lachten wir nicht einmal mehr, wenn wir uns bei Umdrehen
gegenseitig mit dem Hintern auf die Kojen schubsten. Da waren wir uns
bereits alle drei gründlich auf den Wecker gegangen, und auch die
Entschuldigung "Es ist halt nur ein Daysailer" zog nicht mehr. Wir nahmen
langsam die typische, krumme Haltung der Klein-Boot-Leute an. Das Bücken
zog in die Bandscheiben und machte meine Frau und mich kreuzlahm. Wenn
jetzt noch Schlechtwetter dazu gekommen wäre, ich weiß nicht, wie dieses
Experiment geendet hätte.
Aber dann, nach etwa drei Tagen löste sich die Spannung plötzlich.
Wir hatten auf den breiten und bequemen Kojen herrlich geschlafen, und
auch Fräulein Tochter, die anfangs heftig über die Rohrkojen gemeckert
hatte ("da penn ich nicht, da könnt ihr einen von den Regatta-Fuzzys
draufschnallen") hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden. "Gewusst, wo"
löste so manches Problem Die Rettung brachte vor allen ein inzwischen
eingekaufter Plastikkorb, in dem wir nun alle Esswaren fürs Frühstück und
Abendessen aufbewahrten und den wir leicht in den Stauraum unter der
Plicht schieben konnten.
Auch hatten wir uns inzwischen auf die Dimensionen de kleinen Kajüte
eingestellt und fanden sie besonders abends urgemütlich. Für das
Aufstehen, das auf einem kleinen Schiff umständlich ist und viel Zeit
erfordert, entwickelten wir eine spezielle Zeremonie. Eine nach dem
anderen wuschen wir uns in einer Plastikschüssel im Cockpit, das durch die
gutgearbeitete Plicht-Persenning dicht abgeschlossen wurde. In dieser
"Nasszelle" spielte sich so manches ab, was meine Frau und mich an Zeiten
erinnerten, als wir noch mit unserem selbstgebauten Jollenkreuzer
unterwegs waren.
An die frische Luft bugsierten wir auch das tragbare Porta-Potti, und
während die Niedergang-Schotten geschlossen wurden, konnte jeder seinen
Geschäften nachgehen. Zugegeben - für zwei Dickschiff-Verwöhnte Segler
mittelalterlichen Jahrgangs keine eben verlockende Morgentoilette. Aber
schließlich war der Mief in der Kajüte wesentlich unangenehmer. Dann kam
der Tag, als dieses misstrauisch behandelte Porta-Potti furch laut
gluckernde Geräusche kundtat, dass es nun an der Zeit für eine Entleerung
sei. "Du musst das Ding auskippen", sagte meine Frau. Ich bat um ein wenig
Aufschub,, bis es dunkel werden würde. Und dann schnappte ich mir den
Plastikkübel, äugte vorsichtig unter der Persenning hervor, ob die Luft
rein war, und schlich auf leisen Sohlen den Steg entlang.
"Guten Abend, Herr Nachbar, noch einen Spaziergang machen?"
Du lieber Himmel, der Dicke vom Motorsegler. Und seine Olsch peilte
auch schon aus dem Deckshaus.
"Ich, äh, ich muss noch mal wohin!"
Ein breites Grinsen: "Man sieht´s, Sie tragen das Klosett ja unterm
Arm."
Als ich dann den entsetzlichen Inhalt mit lauten Geplumpse ins
Spülklosett gekippt hatte und Deckel, Brille und Kacheln mit
schmutzig-braunen Flecken verziert waren, schwor ich mir, nie wieder diese
Tortur auf mich zu nehmen. Fortan hockten wir im Daysailer auf der Pütz
- wie "in guten alten Zeiten".
Nun hat ja wohl der Hersteller weniger die sanitären Probleme einer
Familiencrew als die sportlichen Aspekte bei der Konzeption der SPRINTA DS
im Auge gehabt, und das versöhnte uns dann, ein seglerischer
Hochgenuss, wie wir ihn schon lange nicht mehr erlebt hatten, mit
manchem Ungemach im Hafen. Das Boot mit dem "gezähmten" Rigg im Vergleich
zur SPRINTA SPORT ist bemerkenswert temperamentvoll, segelt dabei aber
doch gutmütig. Die Geschwindigkeit, die wir vor allem an der Kreuz bei
Mittelbrise und Genua und Groß erreichten, ließ manchen Skipper größerer
Fahrtenyachten an seinen seglerischen Fähigkeiten zweifeln. Vorm
Wind, mit ausgebaumter Genua, hielten wir 30 Meilen Schritt mit mehreren
Yachten, die den Spinnaker gesetzt hatten. Beim An- und Ablegen wurden
wir immer kiebiger, bis wir schließlich alle Manöver nur noch unter Segeln
fuhren und den Außenborder ganz in Ruhe ließen. .......Es beleibt
festzustellen, dass ein Außenborder prinzipiell, der beste, weil billigste
und leichteste, Motor für die SPRINTA DS ist. Die gut funktionierende,
über eine Talje leicht aufholbare Motortraverse befördert Motor samt
Propeller hoch über die Wasseroberfläche, so dass kein Fahrtverlust unter
Segeln entsteht.
Die DS ist obligatorisch ausgestattet mit Seereling, Bug- und Heckkorb,
Rettungsleiter, Positionslampen, Spinnakerbaum, Motorhalterung, Motor,
aufstellbarem Vorluk, Sprayhood, Zeltpersenning, Cockpitpolster, Porta
Potti, Lampe, Kocher, Wassertank und Geschirr und man sollte erst gar
nicht auf die Idee kommen, sie bei der Bestellung des Bootes außer acht zu
lassen. Die SPRINTA D in ihrer einfachsten Ausführung scheidet somit
für Törnnwillige von vornherein aus, und die DS-Ausführung kostet mit
dem dem genannten Fahrtenzubehör immerhin rund DM 32.000 einschließlich
Mehrwertsteuer. Meiner Meinung nach könnte man dafür auf Dinge wie Sumlog,
Echolot und Chronometer ohne weiteres verzichten.
Mit dieser Ausführung ist das fahrtenfertige Boot allerdings im
Vergleich mit manchem Konkurrenzboot immer noch preiswert, zumal die
Bauqualität auch im Detail sehr gut ist.
P.S.: Ich habe einige Stellen des langen Berichtes weggelassen, da sie
für die Bewertung des Bootes völlig bedeutungslos sind wie z.B. die
umfangreiche Berichterstattung übder den schlecht laufenden Außenborder,
der der Familie Schwarzlose zur Verfügung stand.